Von: Prof. Dr. Klaus Wehrt
Erst kürzlich entschied der Bundesgerichtshof in zwei Musterverfahren (BGH XI ZR 44/23 und BGH XI ZR 40/23) auf die Revisionen von Verbraucherschutzverbänden. Betroffen sind sog. Prämiensparverträge, auch bekannt als Bonussparen, Vorsorgesparen, Zuwachssparen, Scala o.ä. Im Kern geht es um alle Arten von Sparverträgen, unter denen die Geldhäuser auf klassische Sparbücher oder Sparkonten einmal jährlich Sparprämien entsprechend den eingezahlten Beiträgen ausschütten. Die Prämien steigen an, je länger der Kunde seinem Sparvertrag treu bleibt.
Derartige Sparverträge enthalten im Allgemeinen eine Zinsanpassungsklausel, welche die rechtlich einzuhaltenden Vorgaben verletzt. So findet sich häufig der Passus:
„Die Spareinlage wird variabel, zurzeit mit …..% verzinst.“
Das rechtliche Problem mit einer Klausel wie der angegebenen besteht darin, dass die Bank die Zinsanpassung nach eigenem Gutdünken nach oben oder unten vornehmen kann. Tatsächlich sind die Institute jedoch verpflichtet, die Zinsanpassung nach den Veränderungen eines Referenzzinssatzes aus der Statistik der Deutschen Bundesbank vorzunehmen. Der Bundesgerichtshof erkennt in den Prämiensparverträgen langfristige Geldanlagegeschäfte. Daher habe die Zinsanpassung für diese Verträge sich an den Veränderungen der Rendite von Bundeswertpapieren mit Laufzeiten von 8-15 Jahren auszurichten. Einzuhalten ist der ursprüngliche, bei Vertragsschluss bestehende prozentuale Abstand des Sparzinssatzes im Verhältnis zum Referenzzinssatz.
Nicht gefolgt ist der Bundesgerichtshof der weitergehenden Forderung der Verbraucherschützer, dass sich die Zinsanpassung an einer über einen längeren Zeitraum gemittelten Verzinsung der Referenzzinsreihe zu orientieren habe. Weder die Geldinstitute noch die typischen Sparer würden sich bei Vertragsschluss an einer Durchschnittsverzinsung der letzten Jahre orientieren wollen. Sie möchten die Verträge zu den aktuellen geltenden Zinsen abschließen.
Vor dem Hintergrund der jüngsten beiden Urteile dürfen Sparer auf erhebliche Erstattungsansprüche aus laufenden oder bereits gekündigten Sparverträgen hoffen. Zu beachten ist allerdings die mögliche Verjährung von Ansprüchen zum 31.12.2024. Ab dem Jahr 2025 können Erstattungen aus im Jahr 2021 gekündigten oder beendeten Altverträgen nicht mehr geltend gemacht werden.
Ein bislang kaum beleuchteter Aspekt verbirgt sich hinter den Rückrechnungsmodalitäten von Prämiensparverträgen mit der oben dargestellten rechtswidrigen Zinsanpassungsklausel. Selbst dann, wenn die Zinsanpassung dieser Verträge nach einem zeitpunktbezogenen Referenzzinssatz erfolgt, erzwingt die Mathematik der Rückrechnung eine Gleitzinskalkulation. Die monatlichen Sparbeiträge sollen nach den Vorstellungen des BGH das Abbild einer langfristigen, viele Jahre überdauernden Geldanlage widerspiegeln. Dann aber haben sich diese periodischen Sparbeiträge, eingezahlt in einem bestimmten Monat, noch für einen langen Zeitraum mit dem im Zeitpunkt der Einzahlung geltenden Sparzinssatz zu verzinsen. Werden Monat für Monat gleichhohe Sparraten auf den Vertrag eingezahlt, so gelten für diese weiteren Beiträge jeweils andere Sparrenditen, eben weil der Referenzzinssatz monatlichen Veränderungen unterliegt. Das gesamte Sparvolumen würde sich daher mit einem Durchschnittszinssatz verzinsen, aber nicht mit einem sich monatlich verändernden punktuellen Satz.
Prof. Dr. Klaus Wehrt
Prof. Dr. Klaus Wehrt ist parteiunabhängiger Sachverständiger und erstellt Privat- sowie Gerichtsgutachten zu Finanzierungsverläufen.
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